Blöde Onlinemedien
Wie verkauft man eigentlich Informationen? Vor ein paar Jahren las ich ein sehr interessantes und humorvolles Buch mit dem vielsagenden Titel „So lügt man mit Statistik“. Nach der Lektüre fühlte ich mich als hätte man mir die Augen geöffnet und als könnte ich nun die wahre Welt sehen und verstehen. Immer wieder gerate ich in Situationen, die mich sehr an das Buch erinnern – es ist einfach erstaunlich, wie oft Zahlen gegen einen verwendet werden. Oder besser gesagt: Nicht die Zahlen selbst, sondern nur die Darstellung der Zahlen. Wieso werden wir eigentlich ständig verarscht?
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Heute Nachmittag flog mein Blick wie an den meisten Tagen kurz über die erste Seite von sueddeutsche.de und ich konnte lesen, dass die amerikanische Finanzkrise ein Risiko von 600.000.000.000 Euro/Dollar(?) bedeuten kann. Warum, wieso und weshalb ist an dieser Stelle gar nicht so wichtig. Aber ich fand schon beim ersten Hinsehen, dass ich für ‚600 Milliarden‘ wenigstens nicht die Nullen am Monitor hätte abzählen müssen, um zu wissen welche Summe gemeint ist.
Nur rund zwei Stunden später habe ich den Eindruck, dass die Welt am Abgrund steht, da mein Blick erneut über die Seite wandert. Die 3er-Packen an Nullen abgezählt und schon weiß ich, dass es mittlerweile um eine Billion geht. Im Artikel ist von 565 und 945 Milliarden Dollar aber auch „mehr als 600 Milliarden Euro“ die Rede.
Ist es wirklich der wirtschaftliche Untergang? Hat man zwei Stunden zuvor den falschen Wert zur Überschrift gerundet? Oder waren es vorher Euro und nun ist von Dollar die Rede? Hat man die Chance genutzt eine ohnehin schon unvorstellbar gewaltige Geldsumme durch eine noch größere zu ersetzen bzw. einfach umzurechnen? Und warum hat man das denn nicht wenigstens in D-Mark übertragen – dann wüsste ich zumindest, was man sich alles für eine solche Summe kaufen kann.
Jetzt weiß ich nicht mehr, wie schlimm die Lage wirklich ist. Und das nur, weil ich mich mehrmals am Tag nachrichtentechnisch bilde um nichts weltbewegendes zu verpassen. Die einzige Lösung ist wohl, den Artikel zu lesen und nicht nur zu überfliegen. Da wundert es mich gar nicht mehr, dass die Wirtschaft am Boden liegt. Wieviel wertvolle potentielle Arbeitszeit geht verloren, wenn die Leute ganze Artikel lesen müssen um zu verstehen, was ihnen eigentlich mit der Überschrift vermittelt werden soll. Jungs, strengt euch an und ändert nicht einfach die Titel eurer Artikel. Am Kiosk kommt doch auch keiner vorbei und radiert in der Zeitung herum um schnell noch etwas zu ändern.